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Auch im Wald noch die Bäume sehen

Auch im Wald noch die Bäume sehen

Was sind unsere längsten Kirschbäume? Wo gibt es Eichen mit mehr als 50 cm BHD (Brusthöhendurchmesser) und mehr als 10 m Stammlänge? Wo fehlt Verjüngung? Wie steht es um die zuwachsoptimale Grundflächenhaltung? Dies und vieles mehr über unsere Wälder ist heute per Mausklick abrufbar.

Wozu dann überhaupt Waldinventuren? Nun, ganz so simpel ist es nicht, der Strom kommt schließlich auch nicht „einfach so“ aus der Steckdose. Um an die begehrten Daten zu kommen braucht man Waldinventuren.

Und worum geht es bei der Inventur? Es geht darum, möglichst günstig für die ökologisch und ökonomisch sinnvolle Waldbewirtschaftung wichtige Daten so genau als erforderlich zu erfassen.

Und wie wird's gemacht?
Messen wir jeden Baum? Nein, das wäre zu aufwändig und ist auch nicht nötig. Gemessen wird stichprobenartig mit der vor 70 Jahren von Dr. Walter Bitterlich entwickelten Winkelzählprobe. In Österreich entstanden, erfreut sich das Verfahren insbesondere im Nordosten der USA großer Beliebtheit. Gemessen werden jeweils nur diejenigen Bäume, die durch ein optisches Gerät betrachtet breiter sind als der definierte Öffnungswinkel. Große Bäume „fallen“ auch aus weiterer Entfernung in die (virtuelle) Fläche, kleine nur wenn sie ganz nah dran am Mittelpunkt sind. Furnierstämme werden genauer erfasst als „Streichhölzer“.

Illustrationen
Bild 1: Prinzip Winkelzählprobe, Bild 2: Spiegel Relaskop, Bild 3: Blick durch Spiegel Relaskop
 

Die Arbeitsschritte der Waldinventur sind wie folgt:

  1. Abschätzen der statistisch benötigten Anzahl von Stichprobenpunkten
  2. Auslegen eines systematischen Rasters mit den Stichprobenpunkten
  3. „Raus in den Wald“ und Stichprobenmittelpunkte ansteuern. Freundlicherweise piepst das GPS jeweils wenn man nah genug dran ist
  4. Bäume aufnehmen (Baumart, Durchmesser, Stammlänge, wertvollstes Produkt, evtl. Volumenabzug wegen Schadhaftigkeit).
  5. Diverse Berechnungen, inklusive umgekehrt proportionales Hochrechnen der unterschiedlich starken Bäume auf die Fläche, Einpflegen in ein GIS (Geographisches Informationssystem).
  6. Erstellen von thematischen Karten aller Art - vom „Anteil der Bäume mit dekorativer Herbstfärbung“ bis „Zuwachsprozent“. Als Hintergrund wählt man Luftbilder bzw. topographische Karten. Wo verfügbar, kann man sich auch LIDAR Daten herunterladen, und mit diesen topographische Details darstellen, mittlere Baumhöhen abbilden etc.
  7. Nutzung der Daten für waldbauliche Maßnahmen, Holzaufkommensprognosen inkl. Hiebs- und Verkaufsplanung, Cashflow, Buchhaltung, Einnahmen & Ausgaben, Verifizierung der Nachhaltigkeit etc.

Vorzugsweise führen wir Inventuren im Winter durch, in der Vegetationsruhe. Nicht dass die Bäume sonst weglaufen würden, aber die Messungen sind präziser und für Wachstumssimulationen kann man mit ganzen Jahren kalkulieren. Das GPS hat besseren Satellitenempfang, und auch der Blick durch die optischen Geräte der Winkelzählprobe ist einfacher: Mit Laub sieht man schnell vor lauter Wald die Bäume nicht mehr (und um die geht es zunächst, auch wenn wir sie und ihre Kenndaten letztlich wieder zu einem Wald zusammenfügen).

Wie im Blog an anderer Stelle berichtet, verfolgen wir aufmerksam das Potential von technischen Neuerungen wie z. B. Drohnen, wissen aber auch um deren Beschränkungen. In Kiefernmonokulturen mit Schwerpunkt Massenleistung wäre „rumfliegen“ schon eher mal angesagt. Für unsere Mischbestände mit großen Wertunterschieden sowohl zwischen den vielen verschiedenen aber auch innerhalb der Arten gilt bis auf weiteres: „rumlaufen“. Und mal ganz unter uns: Zum Glück! Terrestrische Forstinventuren, gerne unterstützt durch moderne Helfer, verbinden harmonisch das Angenehme mit dem Nützlichen.

blog forstinventur 2

Illustrationen:
Kramer H. and A. Akca. 1995. Leitfaden zur Waldmesslehre. 3rd edition. J.D. Sauerländers Verlag, Frankfurt. 266p
Spiegel Relaskop by Feinmechanische Optische Betriebsgesellschaft Salzburg


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Über den Autor

Hermann Hampel

Projektmanager Danzer Forestland

Hermann Hampel forschte über die Dynamik von Naturwäldern in Argentinien bevor er dort 1998 zu Danzer stieß. Er betreute bis 2012 die Aufforstungen mit Wertholz in der Provinz Misiones und setzte dabei innovativ auf Mischbestände, Naturverjüngung und Anbau unter Schirm. Heute arbeitet er an der Optimierung von Furnierproduktion und Waldbewirtschaftung für Danzer in Nordamerika. Um vor lauter Bäumen noch den Wald zu sehen, überführte er u.a. riesige Zahlenkolonnen aus Forstinventuren in ein kompaktes GIS. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Ohio, USA.