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Wissenschaft fordert vorgefasste Meinungen zur Forstwirtschaft heraus

Wissenschaft fordert vorgefasste Meinungen zur Forstwirtschaft heraus

Unsere Vorfahren glaubten, die Erde wäre flach und die Sonne der Mittelpunkt des Universums. Feuer, Wasser, Luft und Erde galten als die vier Grundbausteine alles Seins. Die Menschen waren überzeugt, dass Sternbilder direkten Einfluss auf ihr Leben hätten. Rückblickend erscheinen viele in der Vergangenheit weit verbreitete Meinungen fast lächerlich.

Im Gegensatz dazu ermöglichten wissenschaftliche Erkenntnisse Reisen zum Mond, die Entwicklung der modernen Medizin und die Verlängerung der menschlichen Lebenserwartung. Im antiken Griechenland sprachen die Menschen durch Rauch zu ihren Göttern, während wir heute unmittelbar mit Milliarden anderen Menschen auf der ganzen Welt kommunizieren können. Wissenschaft ermöglicht und verbessert jeden Moment unseres heutigen Lebens.

Im Hinblick auf Holz ist die öffentliche Meinung oft geprägt von Fehleinschätzungen und Mythen, die nicht den Wissensstand aus Biologie und Forstwirtschaft widerspiegeln. Ein gutes Beispiel sind Missverständnisse darüber, welche Rolle Bäume bei der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre spielen.

Es ist allgemein akzeptierte, dass Wälder Kohlenstoff aus der Atmosphäre absorbieren. Die Antwort auf die eigentliche Frage, nämlich wie viel Kohlenstoff Bäume aufnehmen, bleibt in den Massenmedien jedoch der Spekulation überlassen.

Obwohl wir die Antwort kennen: Eine neue Studie zeigte kürzlich große Unterschiede, wieviel Kohlenstoff Wäldern unterschiedlicher Art und unterschiedlichen Alters absorbieren („The fate of carbon in a mature forest under carbon dioxide enrichment“, dt.: Der Verbleib von Kohlenstoff in einem alten Wald unter Kohlendioxid-Anreicherung, NATURE, Ausgabe 580, 9. April 2020, Seite 227).

Zu den wichtigsten Erkenntnissen dieser Studie gehört: Alte Wälder nehmen wesentlich weniger Kohlenstoff auf als junge, lebendige Wälder. Dies widerspricht den durch viele Medien verbreiteten Ansichten. Die Autoren der Studie sammelten Daten über einen langen Zeitraum hinweg (mehr als vier Jahre in einem über 90 Jahre alten Wald in Australien), nahmen sorgfältige Messungen vor und analysierten sehr genau – doch ihre Ergebnisse waren nicht das, was sie erwartet hatten: Nur junge Wälder absorbieren große Mengen Kohlenstoff; und alte Wälder wachsen nicht viel schneller, wenn sie zusätzlichem Kohlenstoff ausgesetzt werden. Noch eine Erkenntnis überraschte: Etwa die Hälfte des Kohlenstoffs, den der Wald absorbierte, wurde von der Erde aufgenommen, auf der die Bäume stehen, und nicht von den Bäumen selbst.

Die Autoren der Studie zogen aus diesen Ergebnissen weitreichende Schlüsse; vor allem: Die Erhaltung natürlicher, unbewirtschafteter Wälder als globale Kohlenstoffsenke leistet keinen großen Beitrag zur Bekämpfung des vom Menschen verursachten Klimawandels. Eine gute, nachhaltige Forstwirtschaft mit regelmäßiger Ernte alter Bäume zur Aufrechterhaltung der Kohlenstoff reduzierenden Fähigkeit des gesamten Waldökosystems verspricht wesentlich effizienter zu sein.

Wissenschaft schafft täglich neues Wissen. Und manche neuen Erkenntnisse überraschen. Es liegt an uns, sorgfältig Schlüsse zu ziehen, faktenbasiert zu kommunizieren und fundierte politische Entscheidungen zu treffen.

Über den Autor

Hans-Joachim Danzer

CEO of Danzer Holding AG

Hans-Joachim Danzer wuchs in einer Unternehmerfamilie in der Laubholzbranche auf. Er begeistert sich für die vielen Möglichkeiten und positiven Eigenschaften von Holz. Er ist ein Verfechter der „Macht des (Nach-)Denkens“ und er ist stets auf der Suche nach Lösungen, welche den Status Quo in Frage stellen und verbessern. Wenn er nicht im Familienbetrieb eingestiegen wäre, wäre er wahrscheinlich Wissenschaftler (Physiker) geworden. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in den europäischen Alpen.